Intensive Tage in Washington waren das oder danke für die aufschlussreichen Gespräche rund um die Midterms und an die Österreichische Botschaft für die beste Betreuung.

Bei den Wahlen gab es zum Glück „keine rote Welle“ und die Enttäuschung v.a. für Trump-Anhänger:innen ist groß, dass die Republikaner kein Comeback feiern. Die Demokraten werden wohl den Senat halten, das Repräsentantenhaus „House“ ist noch offen – dort sitzen viele Wahlleugner:innen, die jetzt aber in Swing-Staaten die Ämter verfehlten. Trump-Kandidaten schneiden auch sonst eher schlecht ab, aber es gibt einen Erdrutschsieg für DeSantis und somit neue Konkurrenz für Donald. Georgia bereitet sich erneut darauf vor, das Zentrum des politischen Universums zu werden: Das Rennen im Senat zwischen dem Demokraten Raphael Warnock und dem Republikaner Herschel Walker wird sich bei der Stichwahl im Dezember entscheiden. Sonst sieht es eher düster aus für progressive Kräfte im Land – das bestätigen auch meine Gesprächspartner:innen. Mehr als zwei Drittel aller Wähler:innen sagen, dass die Demokratie in den USA bedroht sei. Das liegt vor allem daran, dass die Feinde der offenen Gesellschaft hier am Kern der Demokratie rütteln, nämlich einem geordneten Machtwechsel nach einer Wahl, ohne Blutvergießen. Die Radikalisierung seit dem 6.1.2021 und Ankündigungen, faire Wahlen und friedliche Machtwechsel zu verhindern, sind jedenfalls erschütternd. Donald Trump hat zwar noch nicht verkündet, ob er in zwei Jahren wieder antritt, aber er sinniert schon mal darüber nach, wie man kritische Journalist:innen ins Gefängnis werfen kann. Bestätigung genug, dass ihm eine autokratische Führung vorschwebt, statt Rechte für Frauen, LGBTIQ oder Minderheiten und allgemeine Meinungsfreiheit. Es sind jedenfalls die bislang teuersten Wahlen der US-Geschichte gewesen: 17 Milliarden Dollar haben die Parteien in die Midterms gesteckt. Eine Hoffnung auf Demokratie kann man damit zwar nicht kaufen, aber diese ist nach den Midterms zumindest wieder spürbar.

Meine Eindrücke und Einblicke konnte ich bei diversen Treffen schärfen: Beim Treffen mit Zara Haq (Senior Campaign Strategist der American Civil Liberties Union) ging es v.a. um das Thema Wahlrecht und wie Social Media zur Desinformation beiträgt und gleichzeitig eine Chance birgt, junge Menschen für Politik zu begeistern. Problematisch ist in den USA weiterhin, dass viele Personen von Vorhinein von Wahlen ausgeschlossen sind (z.B. in einigen Staaten aufgrund vorhergehender strafrechtlicher Verurteilung oder weil die Registrierung derart umständlich ist). Beim Treffen mit Ethan Rosenkranz und Essam Attia vom Büro Senator Bernie Sanders im Senate Office Building ging es um Außenpolitik, Sicherheit, Menschenrechte aber auch allgemein um die Schwerpunkte der Demokraten. Beim Treffen mit u.a. Teresa Eder (Program Director, Foreign and Security Policy) von der Heinrich-Böll-Stiftung ging es um multilaterale Beziehungen und internationale Projekte und beim Treffen mit Marc Behrendt (Director of Europe and Eurasia Programs, Freedom House) um Zentralasien, Russland, Belarus aber auch um den allgemeinen Backlash in der Gesellschaft und Auswege daraus. Mit Robin Brooks (Director for Human Rights and Humanitarian Affairs) diskutierte ich Beziehungen zu China, die Entwicklung am Balkan und über eine friedliche Zukunft in der Ukraine. Interessant war auch der Besuch bei der Salzburg Global-Konferenz mit dem ehem. Botschafter Martin Weiss und Fiona Hill (Senior Fellow an der Brookings Institution US Institute of Peace). Auch das Treffen mit Alan Meltzer (Director for Central European Affairs im Department of State) und seinem Team drehte sich um Außenpolitik zwischen Europa, China, Iran, Russland und den USA – eine Freude mit solch erfahrenen Menschen zu diskutieren. Das Treffen mit Kellan Baker (Executive Director of the Whitman-Walker Institute) und dem Vorstandsteam der Organisation zum Thema Rechte von LGBTIQ+ mit Fokus auf Zugang zu Gesundheitsleistungen, war ermutigend: Seit 50 Jahren arbeiten viele Engagierte aus der Community an einem Umfeld der Gleichheit und Gleichstellung aller. Last but not least hatte ich die Gelegenheit mit zwei engagierten Frauen von der „Global Advocacy Planned Parenthood Federation of America“ über die Frage ProChoice zu sprechen, u.a. mit der Direktorin Christina Krysinski. Seit der umstrittenen Supreme Court-Entscheidung Roe v. Wade kämpfen Frauenrechtsorganisationen um das Recht auf Selbstbestimmung bei der Abtreibung. Grundsätzlich war die Trump-Administration für Frauen ein Graus, verfolgte sie doch eine konservative 1950er-Politik mit reaktionärem Einschlag. Das finden „Gottseidank“ auch viele Konservative im Jahr 2022 untragbar.

Alles in allem: Zusammenarbeit über Grenzen hinweg und internationale Kooperation sind der Schlüssel für eine bessere Welt. Nur gemeinsam können wir die globalen Herausforderungen bewältigen – davon bin ich überzeugt.