Zwangsmobilisierung
Die Zwangsmobilisierung ist auch ein intellektueller Aderlass für Russland oder wieso Sanktionen wirken, Europa Russen aufnehmen muss, die nicht schießen wollen und Präsident Putin sich gerade selbst ins Knie.
Die Sanktionen gegen das russische Regime sind eine zivile Antwort gegen eine kriegerische Aggression. Wer Frieden will, muss an diesen zivilen Maßnahmen festhalten. Darüber hinaus zielen die Sanktionen darauf ab, die europäischen Volkswirtschaften von der russischen zu entflechten. Nur so können wir der Abhängigkeit und Erpressbarkeit von einem Kriegstreiber entfliehen. Die Zahlen zur Wirtschaftsleistung sprechen eine klare Sprache: Während die russische Wirtschaft von Februar bis Juni um 6,5 % geschrumpft ist, sind die Zahlen in der EU deutlich im Plus. Untersuchungen (z.B. Universität Yale, Deutsches Institut für Int. Sicherheit u. Politik) zeigen zudem, dass die Auswirkungen der Sanktionen in Russland weit größer sind, als es die von russischer Seite veröffentlichten Zahlen zeigen könnten. Manche Produktionssektoren wie die Automobilproduktion oder Glasfaserkabel kamen fast zum Stillstand. In vielen Bereichen fehlen wichtige Teile bzw. Technologien. Auch in der Waffenindustrie, was besonders wichtig ist. Tausend globale Unternehmen, die etwa 40% des BIP ausmachten, haben das Land verlassen. Darüber hinaus kam es zur Emigration von geschätzt 300.000 gut ausgebildeten Fachkräften. Die Probleme in den russischen Versorgungsketten werden sich weiter verschärfen und damit wird auch die Nachfrage sehr schnell zurückgehen. Die Auswirkungen der Sanktionen sind gerade dabei sich erst richtig zu entfalten. Wer heute behauptet, die Sanktionen würden uns mehr schaden als Russland, der betreibt auf Kosten unser aller Sicherheit Putins Geschäft.
Die Situation ist auch für uns wahrlich nicht leicht, dessen bin ich mir bewusst. Ich bin aber überzeugt, wenn wir jetzt die Nerven bewahren und zusammenstehen, werden wir auch diese Herausforderung meistern. Wir müssen uns vor Augen halten: Uns wird es nicht besser gehen, wenn wir Putin jetzt freie Hand und damit weiter wüten lassen. Im Gegenteil: Der Preis, den wir zahlen müssen, wird höher sein, je länger wir ihn gewähren lassen. Denn Präsident Putin wird nicht aufhören. Sein Machthunger wird größer werden, je erfolgreicher er mit seinen Kriegszügen und Erpressungen ist. Nachhaltigen Frieden, Stabilität und damit auch Wohlstand in Europa wird es nur geben, wenn wir Putin JETZT in die Schranken weisen. Die Zeiten sind hart, das ist die bittere Wahrheit. Aber wir dürfen uns jetzt nicht Wunschträumen hingeben, dass morgen Frieden einkehrt, wenn wir Sanktionen auflassen und Putin gewähren lassen. Wir müssen die Realität anerkennen, wie sie ist und ausgehend von dieser nach Lösungen suchen. Eine Möglichkeit, die wir haben, ist, die Auswirkungen, welche der russische Angriffskrieg auf die österreichische Bevölkerung hat, sozial möglichst gut abzufedern. Das ist jetzt enorm wichtig, wie notwendig.
Fakt ist: Putin steht mit dem Rücken zur Wand und wird deshalb weiter eskalieren. Er führt jetzt nicht nur Krieg gegen die Ukraine, sondern auch gegen die eigene Bevölkerung. Anstatt Geld und Energie in die innere Entwicklung Russlands zu investieren, hat es der Präsident in imperiale Machtausübung, Propaganda und Repression gesteckt. Jetzt ist er bereit, für seinen Herrschaftstraum sogar das Leben von einfachen russischen Bürgern zu opfern, die keine Soldaten sind, sondern irgendwann einmal Militärdienst geleistet haben, in vielen Fällen nicht einmal das. Es sind traurige Bilder, die man auf den Social Media Kanälen sieht. Zivilisten werden von den Mobilisierungsschergen einfach von der Straße geholt, Mütter stellen sich ihnen in den Weg. Es gibt Berichte, dass die unfreiwilligen Rekruten direkt an die die Front geschickt werden, ohne Rücksicht auf ihren Ausbildungsstand, mit verrosteten Gewehren, ohne entsprechende Ausbildung. Von der Straße direkt in den Fleischwolf. Was besonders perfide ist, dass Putin dabei eine indirekte ethnische Säuberung an den eigenen Minderheiten im Lande vollzieht. Die Zwangsmobilisierung wird vor allem in armen, abgelegenen ländlichen Regionen durchgeführt, getötet im Krieg werden also vor allem Menschen aus Burjatien, Dagestan oder Irkutien. Dort dringen die Rekrutierer jetzt auch in die Häuser ein, es gibt Razzien in Einkaufszentren, Fitnessstudios usw. Könnt Ihr euch dieses Klima der Angst vorstellen?
Was können wir in Europa für diese Menschen tun? Wir können jene unterstützen, die die diesen Krieg nicht unterstützen und ihnen Schutz gewähren. Das österreichische Innenministerium hat bereits festgehalten, dass die Flucht vor der Einberufung einen Asylgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darstellt. Ich unterstütze das. Denn: Staaten, die jetzt russische „Kriegsflüchtlinge“ aufnehmen, retten gleich doppelt Leben. Denn es gibt dann weniger Menschen, die sowohl erschießen als auch erschossen werden können. Präsident Putin schadet diese Zwangsmobilisierung, wie die Sanktionen Russland schaden: Er verliert Arbeitskräfte, die Angst im Land führt zur Flucht. Die Annexion ist somit reine Eskalation.
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