Defending Democracy
Defending Democracy oder verlieren die „democrats“ heute bei den Midterm-Wahlen die Mehrheit im Kongress, hat Donald Trump 2024 gute Chancen, wieder Präsident zu werden. Während der Chef der Wagner Gruppe Jewgeni Prigoschin erstmals zugibt, dass Russland die US-Wahlen bewusst beeinflusst, liegt die Hoffnung der Demokraten in doppelter Hinsicht auf den Frauen: Diese haben Typen wie Trump schlicht satt und sind wegen der Entscheidung des Supreme Court, ihre Prochoice-Rechte zu beschneiden, zu Recht verärgert.
Bei den Wahlen zum US-Kongress, den sogenannten Midterms, steht jedenfalls nicht nur für die USA, sondern auch für Europa – von der Unterstützung der Ukraine bis hin zu einer aktiven Klimapolitik – sehr viel auf dem Spiel. Gewählt werden alle 435 Abgeordneten des Repräsentant:innen-Hauses, 35 der 100 Senator:innen und in 36 Bundesstaaten und drei Außengebieten (Guam, Nördliche Marianen und Amerikanische Jungferninseln) die Posten der Gouverneur:innen. Im Moment haben die Demokraten die Mehrheit in beiden Häusern des gesetzgebenden Kongresses. Aktuelle Umfragen sagen ein äußerst spannendes Rennen voraus, wobei die Republikaner größere Chancen auf einen Gewinn der Mehrheit im Repräsentant:innen-Haus, die Demokraten auf die Mehrheit im Senat haben. Sollte die Mehrheit in beiden Häusern an die Republikaner gehen, so muss Joe Biden mit zwei bereits unter den letzten Jahren der Obama-Administration bekannten Instrumenten regieren – den präsidentiellen Dekreten, für die es keine Zustimmung der Häuser braucht sowie den Vetos, mit denen ein Präsident Gesetzesvorschläge blockieren kann. Wie auch immer, ohne Mehrheit im Kongress würde Bidens Arbeit massiv erschwert. Vor allem dort, wo es eben explizit die Zustimmung desselben braucht, bspw. die Verabschiedung des Budgets, die Ratifikation internationaler Verträge, die Besetzung wichtiger Posten wie z.B. Richter:innen – eine Blockadehaltung seitens der Republikaner:innen kann hier zu schweren politischen Krisen führen.
Die Wahlen finden in einer aufgeheizten Stimmung in einem polarisierten Land statt. Kürzlich kam es sogar zu einem Angriff auf den Ehemann der Vorsitzenden des Repräsentant:innen-Hauses, Nancy Pelosi, in deren Privathaus. So wie es aussieht, hat der Überfall der Vorsitzenden selbst gegolten. Sowohl Pelosi als auch Präsident Biden zeigten sich besorgt über die politische Gewalt und warnten eindringlich, dass die Demokratie auf dem Spiel stehe. Das hat nicht nur mit der Konkurrenz zwischen den beiden großen Parteien zu tun, sondern auch mit dem Umstand, dass engste Trump-Anhänger:innen innerhalb der Republikaner weiter gestärkt werden und so mit einer Fundementalopposition zu Präsident Biden zu rechnen ist. Man erinnere sich an den Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2020 – 919 Personen wurden seitdem angeklagt, knappe 400 haben sich schuldig bekannt. Fakt ist: Zahlreiche Kandidaten:innen der Republikaner erkennen Bidens Wahl bis heute nicht als legitim an.
In Europa erscheint die Bedeutung der in Anbetracht der multiplen Krisen so wichtigen Wahlen unterbelichtet. Dabei haben führende Republikaner:innen bereits angekündigt, dass es keinen „Blankoscheck“ für die Unterstützung der Ukraine mehr geben werde. Vor dem Hintergrund, dass die USA bislang 25 Mrd. $ an finanzieller und humanitärer Hilfe sowie 27,5 Mrd. $ an Militärhilfe geleistet haben, hätte eine Kursänderung hier auch für die EU enorme Konsequenzen. Aber auch in Bezug auf Bereiche wie die Klima- oder Handelspolitik würde eine Stärkung der Republikaner Auswirkungen haben. Donald Trump hat nicht nur das Pariser Klimaabkommen verlassen, sondern angekündigt, seine Entscheidung über die „sehr, sehr wahrscheinliche Kandidatur“ in Kürze bekannt zu geben.
Aber: Selbst erfolgreiche Präsidenten erleben bei den Wahlen in der Mitte ihrer Amtsperiode meist einen Dämpfer, weil vor allem die Unzufriedenen wählen gehen. Joe Biden bot zu solcher Unzufriedenheit selbst Anhänger:innen genug Anlass: Die Art und Weise, wie er den Abzug der USA aus Afghanistan managte, war ganz unbestritten ein Fiasko. Viel mehr noch beschäftigt die Menschen hier derzeit aber die aktuelle Inflation. Die Demokraten tragen hier zumindest Mitverantwortung: Als die „OPEC+“, allen voran Saudi Arabien, gemeinsam mit Russland, eine Kürzung der Ölförderung beschloss und damit den Ölpreis steigerte, leisteten die USA nicht den üblichen Widerstand, denn durch „Fracking“ waren sie selbst zum weltgrößten Ölproduzenten geworden. Dass die Ölpreise durch den Krieg in der Ukraine später so explodieren würden und die Inflation nicht nur in Europa, sondern auch in den USA in die Höhen schnellen lassen, hat man nicht bedacht. Auch fehlen den Wähler:innen von Biden immer noch die von ihm versprochenen, dringenden Investitionen in die US-Infrastruktur. Dieses Versäumnis könnte ihm längerfristig auf den Kopf fallen, sofern die Republikaner nach der Wahl solche Investitionen blockieren.
Bidens Hoffnung sind die Frauen: Wenn sie sich in großer Mehrheit gegen das von Republikaner:innen forcierte Ende des Rechts auf Abtreibung sträuben, könnte Biden mit einem blauen Auge davonkommen. Die Frauen bleiben auch das wichtigste Hindernis für einen Wahlsieg Trumps 2024 und unsere Hoffnung in Europa: Donald Trump ist in Wahrheit Russlands Präsident Putin ausgeliefert, womit wir wieder bei Prigoschin wären. Alles in allem wird es sicherlich ein spannender Wahltag heute: Ich bin vor Ort – beobachte und berichte von den Ereignissen und habe dabei die Möglichkeit, spannende Menschen zu treffen, sowie Einblicke im Detail zu erhalten. In diesem Sinne: Schaut nach Übersee, da geht’s grad um alles.
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