Ewa Ernst-Dziedzic spricht vor dem Parlament am 2. Jahrestag des UA-Kriegs

Zum zweiten Jahrestag des russischen Angriffskrieges müssen wir uns entschieden gegen die Völkerrechtsverstöße und Kriegsverbrechen wehren und uns mit den Ukrainerinnen und Ukrainern solidarisieren. Putins Großmachtfantasien haben uns in einen neuen Kalten Krieg mit allen möglichen Folgen katapultiert. Gerade jetzt, wo sich das Blatt gegen die Ukraine wenden könnte, ist eine standhafte Solidarität des Westens mit der Ukraine, die sich gegen einen völkerrechtswidrigen Angriff des revisionistischen russischen Präsidenten Putin wehren muss, unverzichtbar.

Diktator Putin hat Lust auf mehr: Sein Gefolgsmann und früherer Präsident Dimitri Medwedew nannte zuletzt Kiew als Kriegsziel. Wenn Russland seine Kriegsziele erreicht, sind der ukrainische Staat und die ukrainische Identität Geschichte. Auch die Freiheit im restlichen Europa wäre nur noch eine leere Worthülse. Der Beistand mit der Ukraine ist nicht nur ein moralisches Gebot, sondern eine sicherheitspolitische Verpflichtung! Wir alle wissen was passiert, wenn sich Putin durchsetzt.

Dieser Krieg hat nicht erst vor zwei Jahren begonnen. Der eigentliche Startpunkt war die völkerrechtswidrige Krim-Annexion durch Russland 2014. Wohin die naive Appeasement Politik gegenüber Putin nach der Krim-Annexion geführt hat, müssen wir uns gerade in Österreich, wo man Putin bis zuletzt den roten Teppich ausgebreitet hat, schmerzlich eingestehen. Dass wir naiv waren, ist ein grobes Understatement. Jetzt müssen wir alles daransetzen Putins Großmachtfantasien nicht noch ein zweites Mal zu unterschätzen. Vor allem aber gilt: Kein zweites Mal dürfen wirtschaftliche Interessen über Menschenleben stellen. Ich fordere einen breit getragenen politischen Willen und gesamtgesellschaftlichen Konsens für den vollkommenen Ausstieg Österreichs aus russischen Gasimporten. Nicht nur, dass Putin uns den Gashahn jederzeit abdrehen kann, derzeit finanzieren wir den russischen Angriffskrieg sogar mit – einschließlich der Kriegsverbrechen. Wir müssen weg von fossilen Abhängigkeiten von Despoten, hin zu Erneuerbaren und einer größeren Risikostreuung.

Gefährlich ist, dass sich viele in Europa von russischen Desinformationskampagnen manipulieren lassen. Die russische Staatspropaganda steckt enorme Summen in Trollfabriken und hat so etwas wie eine Fake Reality auf TikTok und anderen Kanälen wie Telegram geschaffen. Hinzu kommt die gezielte Beeinflussung der Wahlen zum Europäischen Parlament. Der Kreml hat sich sogar in Europas Politik eingekauft. Die Putin-treue FPÖ hat zwei Jahre nach der völkerrechtswidrigen Krim-Annexion euphorisch den Abschluss eines Kooperationsvertrages mit der Putin-Partei ‚Einiges Russland‘ verkündet. Auf Distanz zu Putin gingen sie nie. Das ist ein Sicherheitsrisiko für Österreich und für Europa.

Laut UNO brauchen in der Ukraine über 14,6 Millionen Menschen – rund 40 Prozent der Bevölkerung – humanitäre Hilfe. Auch als neutrales Österreich müssen wir uns solidarisch zeigen. Im Bereich der humanitären und medizinischen Hilfe sowie bei der zivilen Entminung muss Österreich seine Anstrengungen vervielfachen. Es gilt, russische Vermögenswerte in Österreich konsequent einzufrieren und die EU-Sanktionen, die erst zuletzt wieder ausgeweitet wurden, mit Blick auf die Finanzierung eines Wiederaufbaus in der Ukraine mitzutragen.

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat einen Zehn-Punkte-Plan für Frieden vorgelegt. Wir müssen einen oktroyierten, faulen Friedenskompromiss verhindern, der in einen eingefrorenen Konflikt mündet. Damit hätte Russland weiter einen Fuß in der Tür und das würde nur noch andere Diktatoren motivieren, das Völkerrecht, die internationale Ordnung und die Würde der Menschen mit Füßen zu treten. Ein gerechter Frieden für die ukrainische Bevölkerung, die nicht bloß um ihr Territorium Meter für Meter kämpft, sondern auch um ein demokratisches Europa, das ist das Ziel.

In einem gibt es Hoffnung: Ab Tag eins ist stand Europa zusammen. Putin wollte Europa mit seinem Angriffskrieg spalten und die Ukraine in seine Einflusssphäre bringen. Das ist misslungen. Die Ukraine ist heute EU-Beitritts-Kandidatin und hat eine Perspektive in der europäischen Familie. Gemeinsam mit der Ukraine und im Verbund mit der EU und ihren Partnern müssen wir uns alle für eine friedliche, demokratische Welt einsetzen. Jede und jeder kann einen Beitrag dazu leisten. Denn Frieden ist keine Selbstverständlichkeit – das haben wir auch in Europa erst wieder lernen müssen.