Zum zweiten Advent ist der Papst in Moria auf Lesbos oder ein Wort zum Sonntag über die anhaltende Schande an Europas Außengrenzen.

“Those who are afraid of you have not seen your faces. Those who fear you have not seen your children.” Der Papst Franziskus sagt heute wahre Worte, leider hören sie die Christlichsozialen in Europa schon lange nicht mehr. Wobei der neue Kanzler in Österreich bei seiner ersten Pressekonferenz meinte, dass „christlich-sozial“ sein Wertefundament sei. Ich messe alle an ihren Taten, denn zu tun gibt es genug, wenn man sich die dramatische Situation an unseren Außengrenzen ansieht. Stacheldraht, Militär statt Menschenrechte und kein Ende der Restriktionen in Sicht: Polens Parlament hat diese Woche einem Gesetz zum „Schutz der Grenze“ zugestimmt, das eine zeitweise Einschränkung der Bewegungs- und Pressefreiheit an den EU-Außengrenzen zu Belarus, Russland und der Ukraine möglich macht. Europaweites Schulterzucken.

Im Osten herrscht jedenfalls weiter wilder Westen, wo Menschen zum Spielball der Politik werden. Für die Polizei und Soldaten sollen an der Polen-Belarus-Grenze jetzt sogar Bands auftreten. Grenzabwehr mit Brot & Spielen und ein gefährlicher Nationalismus zum Dessert. Fakt ist: Der Weg zur Verbesserung der europäischen Asylregeln führt nicht über deren Verwässerung. Die menschenrechtlichen Standards, die zum Wesenskern der Europäischen Union gehören, wurden geschaffen, um eine verbindliche Vorgabe für politisches Handeln zu schaffen. Sie wurden nicht geschaffen, um diese aus Gründen der Opportunität bei erstbester Gelegenheit nach unten zu nivellieren. Es ist ein fatales Zeichen, dass die EU-Kommission dieser Tage dem Druck von Polen und seiner Verbündeten nachgegeben und die Schutzrechte für Flüchtlinge an den EU-Außengrenzen auszusetzen möglich macht, statt internationales und EU-Recht durchzusetzen.

Humanismus, was ist das? In ein paar Tagen ist der Internationale Tag der Menschenrechte. Zeit, daran zu erinnern, dass ohne die Existenz legaler, geordneter und sicherer Migrations- und Fluchtmöglichkeiten nach Europa man nicht verhindern kann, dass Menschen Opfer von Ausbeutung, Menschenhandel und politischem Missbrauch werden. Ich bin deshalb Unterstützerin der Resolution der Europäischen Grünen, die dieses Wochenende beim jährlichen Kongress verabschiedet wird. Darin fordern wir u.a. rasche humanitäre Hilfe für die Schutzsuchenden an der polnisch-belarusischen Grenze, Zugang zur Grenzzone für Journalist*innen und Hilfskräfte, Zugang zu fairen Asylverfahren, etwaige Rückführungen im Einklang mit menschenrechtlichen Bestimmungen. Vor allem aber geht es um die Wahrung der Menschenwürde, ohne die die Menschenrechte verhandelbar werden. Wie schnell das geht, erleben wir gerade live mit. Die aktuellen Entwicklungen sind keinesfalls gottgegeben, das weiß sogar der Papst. Sie sind menschengemacht und können entsprechend gestaltet werden.