… oder intensive Tage bei meinem Besuch 50 Tage nach dem Terror der Hamas. Nachdem ich das Barzilai Medical Center in Ashkelon besucht und Direktor Dr. Ron Lobel getroffen habe – selbst ein Überlebender des Moshav Netiv Haasraà Massakers – ging es weiter nach Sderot. Dort trafen wir den Sicherheitschef Ronen Gubbay, der am 7/10 verletzt wurde, und den Direktor des International Resilience Center, Direktor Ayelet Shmuel. Das erschreckende an all den Erzählungen: die Lust am Verbrechen der Terroristen, die Umstände unter denen Verletzte behandelt wurden im Untergrund, weil auch das Spital Angriffen ausgesetzt war.

An der Front besuchen wir jenen Kibbutz, der ausgelöscht wurde: Menschen versteckten sich in Schutzräumen und wurden lebend verbrannt, so auch die Friedensaktivistin Vivian Silver. In der Beduinen-Stadt Rahat sprachen wir mit Angehörigen und Überlebenden des Massakers. Es bestätigt sich einmal mehr: Die Hamas steht nicht für Freiheit, sie benutzt Zivilist:innen als Schutzschild für eigenen Terror. Hamas hat wahllos jeden getötet – ob Jude, Beduine oder Frau mit Hijab. Hamed Abu Arar, dessen Frau vor seinen Augen ermordet wurde, rannte mit Baby im Arm vor jenen weg, vor denen er schon vor 15 Jahren selbst aus Gaza geflüchtet ist. Yousef Ziadna, der viele Menschenleben beim Nova Festival rettete, erzählt von seinen drei Neffen, die unter den Geiseln sind. Auch Fouad Ziadna vom jüdisch-arabischen Freiwilligenzentrum von Rahat ist sich sicher: die einzigen die an keiner friedlichen Zweistaatenlösung interessiert sind, sind die Terroristen, die sonst ihre Existenzgrundlage verlieren.

Wieder in Tel Aviv treffe ich Dr. Einat Wilf, Autorin & ehemalige Abgeordnete der Knesset. Ihr Frust ist groß, war sie doch selbst jahrelang in der Friedenspolitik aktiv und sieht gerade Dämme brechen. Solange „from the river to the see“ als Schlachtruf gilt und die arabischen Staaten wie die Mehrheit der Palästinenser Israel einen eigenen Staat nicht zugestehen, wird es Krieg geben. Wir waren nicht vorbereitet und unser Sicherheitsring hat versagt, sagt uns der Minister, der selbst seit Jahrzehnten für die Security Forces arbeitet beim Besuch in Israel. Der Terror hat das Land „im Herzen getroffen“, es wird nichts wieder sein, wie davor – das sagen uns alle, denn: das Vertrauen ist weg, jede Hoffnung auf Frieden begraben, der Schock sitzt tief, so die bittere Bilanz.

„Wir waren nicht vorbereitet“

… und unser Sicherheitsring hat versagt, sagt uns der Minister, der selbst seit Jahrzehnten für die Security Forces arbeitet beim Besuch in Israel. Der Terror hat das Land „im Herzen getroffen“, es wird nichts wieder sein, wie davor – das sagen uns alle, denn: das Vertrauen ist weg, jede Hoffnung auf Frieden begraben, der Schock sitzt tief, so die bittere Bilanz.

Die Analysen von Richard Kemp sind erschreckend und weitsichtig zugleich – er war unter anderem Kommandant in Afghanistan und am Balkan. Er ortet die große Gefahr für die Existenz Israels von Seiten des Iran, die gleich fünf Proxys einsetzt, um das Land zu zermürben. In Ramla sehen wir, was gemeint ist: In der Shura Militärbasis, die zur Registrierung für verbrannte und verstümmelte Opfer des Hamas-Massakers dient, riecht es nach Tod. Wie auf all das reagieren, im Einklang mit dem Völkerrecht und ohne weitere Zivilist:innen in Gaza zu treffen? Das diskutieren wir intensiv mit Daniel Reisner, ehemaligen Chef des Internationalen Rechtsdepartments und Beteiligter an zahlreichen Friedensprozessen. „Der Terrorist tritt ohne Uniform auf und geht als Zivilist durch, nachdem er getötet hat“, dieser Satz hat es in sich. An die 30.000 Kämpfer sind in Gaza versteckt. Wenn deren Tunnels und Strukturen nicht zerschlagen werden, ist der nächste Angriff nur eine Frage der Zeit. Darüber sind sich alle einig.

Das Leid der Angehörigen der Geiseln ist unbeschreiblich: In einem Zentrum in Tel Aviv wird rund um die Uhr mit hunderten Freiwilligen nach Lösungen gesucht: „Ohne unseren Druck hätte es weder Verhandlungen um Freilassung, noch eine Feuerpause gegeben“, erzählen sie. Zum Abschluss treffe ich den Oppositions-Politiker Ram Ben-Barak von der Yesh Atid Party. „Wir Linke waren naiv, dass es gut geht. Die Rechten haben selbst eskaliert und kein Interesse an einer friedlichen Zweistaatenlösung gehabt“, sagt er ohne Umschweife. Naiv war auch ich, zu denken, dass wir den Antisemitismus durch Aufklärung allein beseitigen können. Seit ich hier bin, werde ich verbal als „Juden-Freundin“ angegriffen, die „selbst mal dran kommt“. Ich muss an das Foto in unserer Wiener Wohnung denken, auf dem mein Großvater in der Nähe von Krakau mit seinem besten Freund rauchend lacht – das war kurz vor Kriegsbeginn 1939 und bevor letzterer als Jude im KZ ermordet wird. Mein Opa überlebte, weil er für die Nazis ein ähnliches KZ bauen musste, meine Oma weil sie zur  Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt wurde. Fünf Jahre musste sie das ertragen. Das „Nie wieder“, das wir dieser Generation schuldig sind, blieb wohl ein unerfülltes Versprechen. Das ist bitter und ein Auftrag zugleich. #Bringthemallhome