Unbemerkt von der Öffentlichkeit jährte sich am 26.2. zum 136. Mal der Tag der Unterzeichnung der Kongoakte. Eine Geschichte, die bis heute wirkt.

Am 15. November 1885 begann – auf Einladung des deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck in Berlin – die so genannte Kongokonferenz. Treibende Kraft dahinter war der belgische König Leopold II. Vertreter der USA, des Osmanischen Reiches, Österreich-Ungarns, Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Grossbritanniens, Italiens, der Niederlande, Portugals, Russlands, Spaniens sowie Schwedens und Norwegen waren eingeladen. Jedoch nicht ein einziger Vertreter (es waren allesamt Männer) eines afrikanischen Staates. Am 26. Februar 1885 endete diese Konferenz mit der Unterzeichnung der Kongoakte. Unter den 14 Signaturstaaten war auch Österreich-Ungarn. Auch wenn Österreich-Ungarn selbst nie wesentlich als Kolonialmacht in Erscheinung getreten ist, hat Österreich-Ungarn als einer der zu dieser Zeit bedeutendsten Staaten Europas einen wesentlichen Beitrag zur Aufteilung Afrikas unter den Kolonialmächten geleistet. Die Kongoakte war jedenfalls der Startschuss zum „Wettrennen um Afrika“ – in der Folge kam es zu vielen Gräueltaten, im Besonderen im Kongo durch Leopold II. und in Namibia durch den Völkermord an den Herero und Nama, in dessen Verlauf Deutschland erstmals Konzentrationslager einsetzte. 1902 hatten die Kolonialmächte bereits 90 % des afrikanischen Kontinents untereinander aufgeteilt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann der langwierige Prozess der Erlangung der Unabhängigkeit. 1960, im sogenannten „afrikanischen Jahr“, erlangten 17 Staaten die Freiheit von ihren Kolonialherren. Darunter waren Kamerun, Gabun und die Zentralafrikanische Republik. 1990 erhielt schließlich Namibia als letztes afrikanisches Land seine Unabhängigkeit. Die Konsequenzen dieser Zeit sind bis heute spürbar: Ethnische Konflikte und Bürgerkriege sind oft Folgen der Grenzziehungen während der Kolonialzeit. Armut, Perspektivenlosigkeit, Gewalt und eine schlechte wirtschaftliche Lage treiben zahlreiche Menschen in die Flucht. Was nach Ende der Fremdherrschaft nach außen hin als Regelung der Handelsfreiheit bezeichnet wurde, diente der Beschlagnahme des gesamten Kontinents. So sicherten sich die ehemaligen Kolonialmächte durch Handelsverträge mit den als unabhängig erklärten Staaten das exklusive Kaufrecht an wichtigen Ressourcen wie Erdöl, Gas aber auch Uran und Lithium.

Im März 2020 stellte die EU -Kommission die „EU- Afrika Strategie“ vor. Durch eine verstärkte Kooperation in 5 Schlüsselbereichen soll die Partnerschaft zwischen EU und Afrika strategisch gestärkt werden: Klimawandel, Nachhaltige Entwicklung, Digitalisierung, Frieden und Sicherheit sowie Migration. Die große Gefahr dabei: Die Strategie konzentriert sich einseitig auf Vorteile für die EU-Handelspolitik und misst dem Privatsektor zu viel Bedeutung zu, vor allem als Entwicklungsakteur. Durch die Pandemie kommt es des Weiteren zu Verzögerungen der Verhandlungen – der für Oktober 2020 geplante EU-Afrika-Gipfel wurde ohne Ersatz abgesagt. Was es jetzt umso mehr bräuchte, ist ein offener Diskurs mit den jeweiligen Regierungen und Zivilgesellschaften, sodass die Strategie auch tatsächlich die Interessen aller wiederspiegelt und nicht eurozentrisch bleibt. Was es braucht ist Geschichtsbewusstsein, eine neue Art der Beziehung zu den afrikanischen Staaten auf Augenhöhe und in Fairness. Beginnen wir damit, Rohstoffe und Arbeitskraft fair zu bezahlen und das militärische Engagement der EU auf dem Kontinent zu hinterfragen.