In 3 Tagen wird ein Präsident gewählt und es ist eines der international wichtigsten, demokratischen Ereignisse im Jahr der Pandemie 2020. Wahlkampf ist eine Zeit fokussierter Unintelligenz, sagte mal Häupl. Was wirft man den Kandidaten Trump und Biden vor und welche Rolle spielen dabei Fake News und Methoden der Manipulation?

Vor 26 Jahren hat Joe Biden das bis heute kontroversiell diskutierte„tough on crime“-Gesetz 1994 (mit)verfasst. Das Gesetz führte zu einer „Masseneinkerkerung“ in den 1990er Jahren und trifft bestimmte Communities (um die sich Trump bemüht) weit mehr, so der Vorwurf. Als (zu) sehr moderater Kandidat, der gern mit Republikanern zusammen arbeitet, ist Biden dem linken Flügel der Demokraten ein Dorn im Auge und er verteidigt auch das umwelt-schädliche Fracking, bei dem chemisches Gemisch mit Hochdruck in den Boden gepumpt wird, um Gas & Öl zu fördern. Diese 3 Sachen werden gegen ihn mit Erfolg kampagnisiert.

Dass Donald Trump die Corona-Pandemie nicht im Griff hat und drei Posten am Obersten Gerichtshof mit ultra-konservativen Richter*innen besetzt hat, ist bekannt. Sein Kabinett hat aber auch in Bereichen wie Bildung, Umwelt und Migration verheerenden Schaden angerichtet – beim Einbruch der Wirtschaft kann er zumindest auf die Pandemie verweisen. Trump wird vorgeworfen, dass sich in seiner Amtszeit die Spannungen zwischen den ethnischen Gruppen zuspitzen, sich die Spaltung in der gesamten Gesellschaft ausbreitet und er keine Steuern zahlt. Trumps Beziehungen zu autoritären Machthabern bis hin nach Nordkorea, das wiederholte Lob an den russischen Präsidenten Vladimir Putin oder seine Bankkonten in China sorgten kurz für Unruhe. Verhältnismäßig scheint ihm das trotzdem weniger zu schaden und genau das bestätigt: Viel mehr als konkrete Vorwürfe spielen im US-Wahlkampf eigene Versionen einer Geschichte eine Rolle.

Laut dem Pew Forschungszentrum bezogen in den USA im Jahr 2019 55% der Menschen ihre Nachrichten „manchmal“ oder „oft“ von Twitter, Facebook & Co. Das gleiche Forschungszentrum fand heraus, dass ein Viertel der Befragten sich nur über Soziale Medien über die Kandidat*innen informiert. Gut erforscht ist ebenso, wie penetrant „Fake News“ unter andere Informationen gemischt werden, den Überblick über die Situation bewusst erschweren und wie bewusst sie zur Beeinflussung eingesetzt werden – alles ideale Brutstätten für Verschwörungstheorien und radikale Gruppierungen. Ob „Proud Boys“, eine neo-faschistische und rein-männliche Gruppierung, die politische Gewalt auf Twitter bewirbt oder die Qanon-Anhängerin und Trump Unterstützerin Marjorie Taylor Greene (die über Georgia in den Kongress einziehen könnte) – sie alle erreichen via Social Media Unmengen von Gläubigen, die nur ihre Wahrheit gelten lassen. Qanon glaubt daran, dass Trump sich in einem Kampf gegen satanistische, pädophile Politiker und Unternehmer befindet. Trump greift Teile dieser Rhetorik auf, sein Sohn postet Memes der Verschwörungstheoretiker. Dabei verfeindet er seine Basis mit Absicht weiter gegen die Demokraten – mit Erfolg: In der Pew Studie berichten fast 70% der Befragten, dass eine politische Diskussion mit Anhänger*innen einer anderen Ideologie „frustierend und stressig“ sei. „Interessant und informativ“ seien diese Gespräche nur noch für 26%.

Natürlich werden Soziale Medien in den USA und sonst wo auch positiv genutzt. Alexandria Ocasio-Cortez ist ein gutes Beispiel dafür, wie man junge Menschen zum Wählen motiviert und sie breit informiert. Doch von mehr (medialem) Interesse scheint die Frage der bewussten Beeinflussung der US-Wahlen durch außenpolitische Akteure zu sein. Trump steht wegen möglicher illegaler Kontakte seines Wahlkampfteams nach Moskau bereits seit Februar 2017 unter Druck. Laut einer Studie des US-Senats wurden Millionen von Einträgen auf Twitter, Facebook, YouTube und Instagram zugunsten Trumps beeinflusst. Diverse Ermittlungsergebnisse weisen darauf hin, dass hinter den Angriffen der russische GRU steht. Ob Putin versucht hat, die US-Wahl 2016 zugunsten des Siegers zu beeinflussen, ist jedoch weiter umstritten, Trumps Aussagen widersprüchlich. Dass digitale Methoden in der „Cyberwar“ unterschätzt werden, davon gehen alle aus. Bereits Anfang des Jahres berichteten US-Medien unter Berufung auf Geheimdienste, dass Russland Präsident Trump zur Wiederwahl verhelfen will. Auch wenn der Kreml dementiert, wirft die Senatorin Elizabeth Warren Trump vor, „die Integrität unserer Demokratie“ zu untergraben. „Russland mischt sich wieder in unsere Wahlen ein, damit Trump gewählt wird“, schrieb sie mit Blick auf die Berichte auf Twitter. Um das zu verifizieren, reicht kein Post aus und mögliche antirussische Ressentiments im Wahlkampf sind ein Thema für sich. Sicher ist, dass auch wenn sich in einer Umfrage die meisten Russen für Trump als US-Präsidenten aussprechen, die Euphorie weg ist. Auch wenn Trump durch die Isolation der US eine Stärkung der außenpolitischen Rolle Russlands ermöglichte, die Hoffnungen erfüllte er nicht. Im Gegenteil: er muss sich gegenüber Russland aufgrund der Ermittlungen umso mehr abgrenzen oder weitere Sanktionen (siehe Pipelineprojekte) verhängen – eine „America first“ Politik hat auch Nachteile.

Nimmt man an, es gab 2016 eine starke Beeinflussung der Wahl via Social Media, so war diese auch hausgemacht: „Donald Trump hat wegen Facebook gewonnen“, schrieb etwa das New York Magazine am Tag nach der Wahl. „Es war eine Kampagne kunstvoller digitaler Manipulation“, bescheinigte die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Das Ausmaß von Trumps digitaler Strategie wurde erst nach der Wahl bekannt. Sein Schwiegersohn Jared Kushner, ein 35 Jahre alter Immobilientycoon und Ehemann von Ivanka leitete eine Geheimtruppe, die Mithilfe enormer Datenmengen die jeweiligen Partikularinteressen der möglichen Wähler*innen abdeckte. Diese im großen Stil betriebene digitale Vermarktung und Manipulation war der Schlüssel zum Erfolg. Das kann sicher auch Stephen Bannon, Trumps Chefstratege, der wie keiner seiner Vorgänger mit den neuen Propagandatechnologien vertraut ist, bestätigen. Es ist jedenfalls kein Zufall: Bannon saß vorher im Board von Cambridge Analytica. US Wahl hin oder her: Denkt daran, dass die vielen Persönlichkeitsspiele dazu führen, den „Nutzer*innen“ später hochpersonalisierte Botschaften zuzuspielen.