Ausverkauf der Menschenrechte in Europa oder Grenzverfahren sind ohne das Asylrecht im Kern auszuhöhlen nicht möglich. So sehr ich mich über den aktuellen Erfolg freue, dass wir gemeinsam mit dem Einsatz von SOS Balkanroute und Druck der Zivilgesellschaft das von ICMPD erbaute Abschiebegefängnis in Bosnien & Herzegowina bekämpft haben, so klar muss man sagen: Genau solche Gefängnisse soll es in Zukunft an der gesamten EU-Außengrenze geben, auch für Kinder.

Ich muss Innenminister Karner und allen, die jetzt über eine erste Einigung zum Asyl, – und Migrationspakt jubeln, widersprechen: Es ist „kein guter Schritt vorwärts“, es ist ein historischer Rückschlag für die Menschenrechte. Es drohen Grenzverfahren ohne Fairness, Masseninhaftierungen und komplette Aufhebung des individuellen Rechts auf Asyl. Abschreckung und Abschottung dürfen nicht die Koordinaten des EU-Migrationspaktes sein. Vorbild für diese geplanten EU- Grenzverfahren ist das abgebrannte Lager Moria, wo mittlerweile klar sein sollte, dass es menschenrechtlich eine Katastrophe ist. Ich sage: Illegale Pushbacks beendet man nicht, indem man die Rechte von Schutzsuchenden einschränkt, sondern indem man dafür sorgt, dass ihre Grundrechte eingehalten werden. Mit den aktuellen Vorschlägen der EU-Kommission passiert das Gegenteil – Lager wie Moria werden zur Normalität. Das können wir nicht gutheißen. Wir dürfen uns hier auch nicht mit Beschwichtigungen zufrieden geben: Menschenrechte gelten für alle oder für niemanden: Es gibt kein Höchst- oder Mindestalter, keine bestimmte Herkunft oder Geschlecht. Allein anzudeuten, dass dann Unterscheidungen möglich sein könnten, ist mit den Menschenrechten grundsätzlich unvereinbar. Alle Menschen müssen Zugang zu einem fairen Verfahren haben, das gibt die Genfer Flüchtlingskonvention klar vor. Deshalb: Die Rechtsbrüche, die wir in Bosnien und auf der gesamten Balkanroute aufgezeigt haben, all die Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln, die Abschiebezentren in Bulgarien etc. – all das darf nie unser Ziel sein. Zu sagen, dass man dann die Zahlen der Flüchtlinge reduziert, ist zynisch. Man nimmt ihnen nur nach dem Prinzip „aus den Augen aus dem Sinn“, alle Rechte – denn Schutz suchen werden sie natürlich weiterhin.

P.S.: Nachdem jetzt klar geworden ist, dass der Internierungstrakt im Camp Lipa keine Rechtsgrundlage hat und geschlossen bleibt, erwarte ich eine Rücknahme der Klage von ICMPD. Des Weiteren fordere ich Transparenz, wie so unverantwortlich mit österreichischem Steuergeld umgegangen werden konnte.