Am 1. Mai 1886 demonstrierten überall in den Vereinigten Staaten Tausende von Arbeiter*innen gegen die elenden Bedingungen, zu denen sie ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen mussten. Auf die darauffolgenden Streiks antwortete die Staatsmacht mit Gewalt – die Unruhen führten zu unzähligen Toten. Zum Gedenken an die Opfer dieser Auseinandersetzung wurde auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationale im Jahr 1889 der 1. Mai als „Kampftag der Arbeiterbewegung“ ausgerufen.

In Österreich fand eine Kundgebung zum 1. Mai erstmals im Jahr 1890 statt. Damals veranstaltete die Wiener Arbeiterschaft im Wiener Prater mit mehr als 100.000 Teilnehmer*innen einen Aufmarsch, welcher der größte war, den die Stadt bis dahin gesehen hatte. In der Ersten Republik wurde die 1.Mai-Kundgebung vor das Rathaus des seit 1919 sozialdemokratisch regierten Wien verlegt. So wie damals ist auch heute die Politik maßgeblich dafür verantwortlich, für einen sozialen Ausgleich zu sorgen und entsprechend gegenzusteuern, wenn Ungleichgewicht entsteht.

Unzählige Studien belegen, dass die Kluft zwischen Privilegierten und Benachteiligten weltweit, aber auch in Österreich immer größer wird. Das reichste 1 % verfügt in Österreich über rund 40 % des gesamten Nettovermögens, während die ärmeren 50 % der österreichischen Haushalte gemeinsam gerade einmal 2,5 % besitzen. Dabei wird ein großer Teil der Vermögen nicht durch eigener Hände oder Kopf Arbeit erworben, sondern (steuerfrei) geerbt. Erschreckend ist auch, dass in einem reichen Land wie Österreich jeder siebente Mensch armutsgefährdet ist, die größte Gruppe darunter sind Kinder und Jugendliche. Die Situation vieler verschärft sich durch die Folgen der Pandemie. Der 1. Mai sollte uns gerade heuer und auch ohne große Kundgebungen daran erinnern, dass Arbeiter*innen-Rechte, die Bekämpfung von Armut und die Internationale Solidarität weiterhin unser politischer Auftrag sind.