Beim Besuch der Delegation des türkischen Parlaments gabs diplomatische Wortgefechte. Hier meine Wortmeldung im Wortlaut, die Antworten darauf fielen (wenig überraschend) knapp aus.

„Vielen Dank auch von mir und ein herzlich willkommen in Österreich – ich freue mich über diesen notwendigen und wichtigen Austausch. Vielen Dank auch für die Einladung in die Türkei. In Österreich sagt man „durchs Reden kommen die Leute zusammen“ – das ist ein wahres Sprichwort, ich erlaube mir daher, offen mit Ihnen zu sprechen. Es gibt nämlich tatsächlich ein paar problematische Punkte – ich möchte hier die Bereiche Menschenrechte, Demokratie und Migration ansprechen. Ich finde es bezeichnend, dass kein Vertreter, keine Vertreterin der zweitgrößten Oppositionspartei HDP hier mit uns am Tisch sitzt. Wir wissen um die Angriffe auf Kurd*innen und andere Minderheiten im Land und wir verstehen nicht, wieso derart repressiv gegenüber Vertreter*innen der HDP vorgegangen wird. Ich teile auch nicht Ihre Ansicht, dass die HDP automatisch PKK bedeutet – letztere ist in Europa als Terrororganisation eingestuft, die HDP ist eine demokratisch gewählte Partei.

Ein Thema in den Regierungsverhandlungen mit unserem Koalitionspartner ÖVP war die Türkei-EU-Beitrittsfrage. Wir Grüne haben uns dafür eingesetzt, dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei trotz aller Schwierigkeiten nicht gänzlich abgebrochen werden. Aber auch hier eine ehrliche Rückmeldung: Es ist nicht immer die Europäische Union, die hier bremst, wie Sie sagen. Unser Eindruck ist leider auch, dass die Türkei bei wichtigen Themen keine Bereitschaft zeigt, gemeinsam mit Europa an einem Strang zu ziehen. In Menschenrechtsfragen, in Demokratiefragen und in Fragen zur Rechtsstaatlichkeit braucht es jedoch einen europäischen Konsens – sonst funktioniert das nicht. Niemand möchte Ihr Land „gänzlich verändern“ wie Sie meinen, aber Menschenrechte und Frauenrechte sind aus unserer Sicht universelle Rechte und da erwarten wir uns von den Mitgliedsstaaten und EU- Anwärtern, dass genau diese Punkte entsprechend erfüllt werden.

Zur IstanbulKonvention: In der Begründung, wieso Sie aus der Istanbul Konvention austreten, haben Sie die Rechte von LGBTI-Personen ins Treffen geführt und diese als Bedrohung für die türkische Familie bezeichnet. Wir in Österreich feiern ja gerade „Pride Month“, deswegen meine nächste Frage an Sie: Wieso ist es in der Türkei so schwierig, Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung einfach ohne Schikane leben zu lassen? Viele LGBTI-Menschen kommen aus der Türkei nach Österreich und suchen hier um Asyl an, weil sie zuhause um ihr Leben fürchten. Auch da hoffe ich, dass wir bald einen Schritt weiter kommen.

In Europa wird des Weiteren gerade der Asyl und Migrationspakt verhandelt. Was mich in diesem Zusammenhang interessiert – Griechenland hat jetzt angekündigt, dass es Asylanträge aus fünf Staaten nicht mehr anerkennen möchte. Also zum einen die Türkei zum sicheren Drittstaat erklärt und zum anderen verkündet, Asylanträge aus Somalia, Pakistan, Afghanistan, Syrien und Bangladesch abzuweisen. Was bedeutet das für die Türkei? Wie wollen Sie hier vorgehen und damit umgehen? Was bedeutet das für den Türkei-EU-Deal?“