Vor dem internationalen Tag gegen Rassismus nachdenklich gestimmt über die Würde & Wertigkeit von Menschen oder wieso gibt es da offene Herzen und dort geschlossene Grenzen?

3 Millionen Menschen sind aktuell aufgrund des Krieges in der Ukraine auf der Flucht. Zum Glück ist die Solidarität in Europa groß – möge sie nie abreißen und mögen wir alle Schutzsuchenden menschenwürdig behandeln. Während aber in Polen, wo die meisten von ihnen ankommen, auf sie eine warme Suppe wartet, erfrieren 100 km nördlich an derselben Grenze seit Monaten Menschen im Wald. Bei meinem Besuch an der polnisch-ukrainischen Grenze kürzlich musste ich deshalb auch wieder an die polnisch-belarussische Grenze fahren. Ich wollte in Erfahrung bringen, ob sich seit meinem letzten Besuch im November 2021 etwas verbessert hat. Mitnichten. Die Situation ist unverändert, gar schlimmer, nur schaut jetzt gar keiner mehr hin. Polen hat mit der anhaltenden Ausnahmezone rund um das Grenzgebiet einen rechtsfreien Raum geschaffen, baut eine Mauer im Naturschutzgebiet und weiterhin irren dort Schutzsuchende ohne jede humanitäre Hilfe herum. Wie viele dort in der Blackbox bisher ihr Leben gelassen haben, weiß niemand. Bis heute gibt es keine Untersuchung dazu. Täglich lese ich also Nachrichten aus einem Land, wie aus zwei Welten zum Umgang mit Flüchtlingen. Hier werden sie empfangen, dort werden sie rechtswidrig verhaftet. Woran liegt das? Dass die Menschen aus der Ukraine „weiß“ sind, spricht niemand aus, man nennt es „gleicher Kulturkreis“ – als wäre die Genfer Flüchtlingskonvention darauf aufgebaut, wer uns ähnlicher schaut.

Aber nicht nur an der Grenze Polen-Belarus stranden Menschen ohne unsere Aufmerksamkeit für ihr Leid oder Asylrechte zu bekommen. Wir müssen uns auch fragen: Sind die Geflüchteten, die seit Monaten am Balkan festsitzen denn keine Nachbarn in Not? Dort, wie vielerorts warten Menschen aus Syrien, Irak und Afghanistan seit Monaten, manchmal Jahren vergebens auf eine Suppe. Seit 11 Jahren wird in Syrien gekämpft. 11 Jahre kein Frieden – und Millionen Menschen sind noch immer auf der Flucht. Was macht sie denn weniger verwundbar und schutzbedürftiger als andere? Nichts. Und haben wir schon vergessen, dass die Taliban in Afghanistan brutal die Macht übernommen haben und alle abschlachten, die sich ihnen nicht unterwerfen und dass Frauen dort keine Zukunft mehr haben? Oder dass in den Elendslagern auf den griechischen Inseln noch immer Gewalt und Hunger statt Humanität und Ordnung herrscht?

Fakt ist: Menschen in Not sind Menschen wie wir, die in Not geraten sind. Vielleicht ist es jetzt eine Chance zu sehen, dass Mensch immer Mensch ist. Krieg immer Krieg. Vielleicht gibt uns dieser furchtbare Angriff auf die Ukraine am Ende ein wenig Humanität und Menschlichkeit zurück? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Wenn jemand aber noch immer glaubt, dass Menschen die aus Syrien vor Putins Bomben flüchten keine echten Flüchtlinge sind, aber jene aus Ukraine schon, ja, dann ist man einfach ein/e jämmerliche*r Rassist*in. Nicht mehr, nicht weniger. Die Menschenwürde kennt nämlich keine Herkunft, Hauptfarbe oder ethnische Zugehörigkeit. Die Würde eines jeden Menschen ist unantastbar. Immer. Ich werde jedenfalls weiterhin an jede Grenze fahren, um das Schicksal der Menschen sichtbar zu machen. Auch, wenn mich die Grenzpolizei selbst oft gern in eine Blackbox stecken würde.