Ebru Timtik starb im August vergangenen Jahres. Die 2019 in der Türkei zu mehr als 13 Jahren Haft verurteilte Anwältin sah keinen anderen Ausweg mehr, auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen, als in einen Hungerstreik einzutreten. Auch ihr Kollege Aytaç Ünsal, verurteilt zu mehr als 10 Jahren Haft, entschloss sich zum drastischen „Todesfasten“. Nach 215 Tagen ordnete das Oberste Gerichtshof der Türkei aufgrund seines Gesundheitszustandes zwar die Freilassung des Anwalts an, dennoch wurde er bereits nach wenigen Monaten wieder in Haft genommen – wo ihm derzeit eine adäquate medizinische Behandlung verweigert wird.

Fakt ist: Fortlaufend erreichen uns Berichte über die unrechtmäßige Behandlung von Anwältinnen in der Türkei, die aufgrund ihrer Berufsausübung ins Visier der Justiz geraten. Wer es in der Türkei wagt, Oppositionelle vor Gericht zu verteidigen, läuft selbst Gefahr, wegen Terrorismusvorwürfen im Gefängnis zu verschwinden. Eine solche Vorgehensweise spottet jeglichen Anspruchs auf Rechtsstaatlichkeit. Es trifft nicht nur Anwältinnen oder Aktivistinnen: Erst kürzlich habe ich von dem Fall der österreichischen Pflegerin berichtet, die seit Monaten auf ihre Anklage wartet – wegen einem Foto von der 1. Mai Demo 2012 in Wien. Auch der Fall Berivan Aslan bereitet mir weiterhin Sorgen: Seit Wochen steht sie unter Polizeischutz, weil der verlängerte Arm von Erdogan auch nach Wien reicht und sie (wieder einmal) mit Drohungen gegen ihre Person konfrontiert ist. Der türkische Staatschef hat gestern angekündigt, sich an Europa annähern zu wollen. Wenn dieser es damit ernst meint, könnte er gleich damit beginnen, die Menschenrechtslage in seinem Land zu verbessern und mit der Repression gegen Regimegegnerinnen aufzuhören. Der katastrophale Zustand in dieser Hinsicht bietet ihm genug Möglichkeiten, hier guten Willen zu beweisen. Wir dürfen jedenfalls die Opfer von Menschenrechtsverletzungen in der Zwischenzeit nicht alleine lassen und müssen alles tun, um die Demokratie & Zivilgesellschaft zu fördern.