Der systemische und strukturelle Rassismus und die brutale Reaktion der Staatsgewalt auf die legitimen Proteste dagegen sind in keiner Weise vertretbar für ein Land, das sich gegenüber dem Rest der Welt als  Fackelträger der Demokratie begreift. Es gereicht der USA in der jetzigen Situation auch zum Nachteil, in Donald Trump eine Führungsfigur zu haben, die in der aufgeheizten Stimmung weiter Öl ins Feuer gießt und damit zur weiteren Spaltung der Gesellschaft beiträgt. Wir erleben einen gefährlichen Präzedenzfall:  Antifaschismus ist nach dem Zweiten Weltkrieg Grundkonsens unter demokratischen Staaten. Diesen Grundkonsens zur pauschalen Kriminalisierung der Protestierenden zu missbrauchen, ist ein Versuch,  politische Gegner*innen zu diskreditieren und entspricht einer Vorgehensweise, die wir nur aus demokratisch schlecht beleumundeten Staaten kennen.“

Die Corona-Pandemie hat die bereits bestehenden ökonomischen und sozialen Ungerechtigkeiten aufgezeigt und diese massiv verstärkt. In der Krise werden damit die Schwächen des neoliberalen Staatmodells offenkundig. Das amerikanische Beispiel führt uns abschreckend vor Augen, was passiert, wenn ein Staat seine Verantwortung gegenüber einem  großen Teil der Bevölkerung nicht wahrnimmt. Vor allem betroffen sind jene, die historisch bedingt zu den besonders marginalisierten Gruppen gehören. In keinem anderen westlichen Industriestaat entscheidet das familiäre Los der Geburt so sehr über die weiteren Möglichkeiten im Leben wie in den USA. Das marode Gesundheitssystem und das fehlende Sozialsystem verstärken die Kluft.

Eine weitere Kurzsichtigkeit ist der Rückzug aus internationalen Organisationen, wie der WHO – er spielt allein China in die Hände, das dankbar in das Vakuum vorstößt. Diese Kräfteverschiebung hat Konsequenzen für die ganze Welt. Die strategische Partnerschaft Österreichs mit den USA muss daher dazu genutzt werden, eine Deeskalation anzustreben. Brutalität gegenüber der Bevölkerung kann keine Antwort sein, das Außenministerium muss hier klar und konsequent handeln.“

Bei aller Empörung über die Ereignisse in den USA dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass Rassismus, Menschenrechtsverletzungen und Polizeigewalt gegenüber People Of Color, insbesondere Black People Of Color oder anderen marginalisierten Gruppen auch in Österreich und anderen europäischen Ländern weit verbreitet ist. Wir müssen deshalb jeglichem Ansatz davon in unserer Gesellschaft entschieden entgegentreten. Die Kundgebung #blacklivesmatter am Donnerstag am Platz der Menschenrechte in Wien ist ein wichtiges Zeichen der Solidarität mit jenen Mitbürger*innen, die allein auf Grund ihrer Hautfarbe diskriminiert, körperlich angegriffen oder getötet werden.