Amy Coney Barrett wurde nach einer Abstimmung im Senat 52-48 für den Obersten Gerichtshof bestätigt. Erstmals seit Jahrzehnten verfügen die Konservativen über eine deutliche Mehrheit am US-Höchstgericht. Die Ginsburg-Nachfolgerin macht sich u.a. beim Thema Schwangerschaftsabbruch in reaktionären Kreisen beliebt. In einer Woche, am 3. November wählt die US-Bevölkerung zum 59. Mal seit Bestehen der Vereinigten Staaten ihre/n Präsident*in. Diese Wahl wird zweifelsohne großen Einfluss auf die Politik in Europa und die internationalen Beziehungen haben. Zeit über den Tellerrand zu schauen, ein paar Eckdaten zu den Wahlen zuerst:

  • Die USA sind eine präsidiale Bundesrepublik, das bedeutet in diesem Fall dass der/die Präsident*in gleichzeitig das Staatsoberhaupt, Regierungschef*in und oberste militärische Befehlshaber*in ist. Gewählt wird in den 50 Bundesstaaten und Washington D.C. auf Basis des „Wahlmänner-Systems“ – jeder Staat und Washington D.C. senden eine gewisse Anzahl an Repräsentanten als Vertreter*innen zur Präsident*innen-Wahl aus. Um alle Stimmen eines Staates zu bekommen, benötigt es eine einfache Mehrheit (50% Plus 1). Gleichzeitig zur Präsidentschaftswahl werden auch alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus, sowie 35 der 100 Senator*innen-Sitze neu gewählt.
  • Amtsinhaber ist Donald J. Trump, der 45. Präsident der USA, der als Kandidat der Republikaner sein Amt verteidigt, Vizepräsident und -kandidat bleibt hier Mike Pence. Sowohl Trump als auch Pence gelten als ultra-konservativ und dem rechten Flügel zugehörig. Sein Konkurrent findet sich in dem ehemaligen Vizepräsidenten von Barack Obama, Joe Biden. Der Vertreter der Demokraten gilt zusammen mit seiner Vize-Kandidatin Kamala Harris als liberal und moderat.
  • 70 Millionen US-Amerikaner*innen haben bereits ihre Stimmzettel abgegeben. Es wird angenommen, dass die Demokraten eher früher und per Post wählen, während Republikaner eher am eigentlichen Wahltag wählen gehen werden. Die Stimmen die am Tag der Wahl abgegeben werden, werden danach zuerst gezählt und es wird demnach auch einen inoffiziellen Wahltag-Sieger geben. Die Gefahr, die manche bei dieser Wahl sehen, ist, dass Donald Trump sich aufgrund der hohen Anzahl an republikanischen Stimmen die am Wahltag selber abgegeben werden, als Sieger küren will und, da die Briefwahl Stimmen mancher Staaten per Gesetz erst ab dem Tag der Wahl gezählt werden dürfen (Bsp. Pennsylvania und Wisconsin), versuchen wird diese Stimmen für nichtig zu erklären.

Die US-Wahl hat mehrere wichtige Bedeutungen auf internationaler Ebene:

Militär: Die USA besitzen das um Längen und Breiten größte Militärbudget und gelten als das stärkste Mitglied der NATO sowie der SEATO (Southeast Asia Treaty Organization). Trump hat in seiner Amtszeit gezeigt, dass er dafür steht, die USA aus diesen militärischen Verbänden eher herauszuziehen will, als sie zu stärken, sollten etwa NATO-Mitglieder der Aufforderung nicht folgen, mindestens 2% ihres BIP in die Landesverteidigung zu investieren. Joe Biden hingegen will mit seiner Präsidentschaft die USA wieder zum Vorreiter der „westlichen Welt“ machen und sich globalen Krisen widmen.

Wirtschaft: Beide Kandidaten werben damit, sich auf internationaler Ebene mehr auf die USA selbst zu konzentrieren, anstatt globale Handelsbeziehungen (wieder-)aufzubauen, mit der Begründung, dass die Vereinigten Staaten durch etliche parallel laufende Krisen mit einer angeschlagenen Wirtschaftssituation zu kämpfen haben. Die Corona-Pandemie hat in den USA demnach nachweislich zu 300.000 mehr verfrühten Sterbefällen geführt als im Jahr 2019. Dazu kommen militante Bürgerwehren sowie eine Armuts- und Obdachlosenkrise – Entwicklungen, die ebenso auf die Corona-Krise zurückzuführen sind. Egal, ob Biden oder Trump gewinnt – die nächste Amtszeit wird sich wirtschaftlich nach innen richten.

Umwelt: Unter dem globalen Aspekt der Klimakrise könnte es nicht polarisierender zwischen den beiden Lagern sein. Während Biden sich für die Bekämpfung der Klimakrise ausgesprochen hat, hat Trump den Klimawandel mehrere Male als „hoax“ bezeichnet und begründete den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen damit, dass die US-Amerikaner*innen „einen schlechten Deal hätten“ und dass „die bei der Unterzeichnung anwesenden Nationen sich über die Schwächung der USA erfreut hätten“.

Barretts Wahl in den Supreme Court heute ist mit ein Grund, wieso viele noch gespannter auf die anstehende US-Wahl schauen. So hat sich in Deutschland die Afd offiziell als Unterstützer Trumps ausgesprochen, während alle anderen Parteien im deutschen Bundestag sich für Biden aussprechen. Unter Trumps Unterstützer*innen findet sich auch Boris Johnson, der konservative Premierminister des Vereinigten Königreiches, Marie le Pen, die Obfrau der rechts-populistischen Rassemblement National, Ungarns Premier Viktor Orban und viele weitere, konservativ-rechte bis reaktionäre Politiker*innen und Parteien. Ein Grund mehr, der aktuellen Entwicklung in den nächsten Tagen auf den Grund zu gehen.