Usbekistan Calling oder rund 20 Millionen Menschen waren zur Wahl des Präsidenten aufgerufen, aber es war eine Wahl ohne Auswahl. Als Vorsitzende der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe Zentralasien bin ich als Wahlbeobachterin vor Ort gewesen. Kurz: Mit den vorgezogenen Präsidentschaftswahlen wurde die Macht von Shavkat Mirsijojew zementiert.

Vorgezogen wurden die Wahlen deshalb, weil ein Verfassungsreferendum das notwendig machte – mit umfänglichen Reformen des Grundgesetzes, u.a. eine Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten von fünf auf sieben Jahre. Mit Option auf Wiederwahl könnte Mirsijojew so bis 2037 auf seinem Posten bleiben. Ganze zwei Drittel der Verfassung wurden geändert wobei das Vorhaben durchaus mit guten Vorsätzen gestartet war: Die soziale Absicherung sollte verbessert, die Menschenrechte besser geschützt und die Todesstrafe abgeschafft werden. In einem Bericht des Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR) der OSZE, das ebenso eine Wahlbeobachterkommission nach Usbekistan entsendet hatte, wurde auch Kritik an der politischen Situation im Land geäußert. Es gäbe v.a. Bedenken hinsichtlich der Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, sowie über die mangelnde Unabhängigkeit der Justiz. Auch wurde kritisiert, dass der Präsident in Zukunft keine parlamentarische Abstimmung mehr braucht, um einflussreiche Beamt:innen seiner Wahl zu ernennen. Seine Befürworter:innen betonen das Positive: Mirsijojew regiert seit 2016. Unter seinem Vorgänger Islam Karimow war die ehemalige Sowjetrepublik eines der repressivsten Länder der Region und was sicherlich stimmt, ist, dass der aktuelle Präsident die Wirtschaft des Landes gegenüber dem Ausland geöffnet und die diplomatischen Beziehungen zu den USA und Europa verbessert hat und echtes Interesse hat, diese Beziehungen mit dem Westen weiter auszubauen. Das ist aufgrund der außenpolitisch global angespannten Situation nicht zu unterschätzen: Wir dürfen Zentralasien in dieser Hinsicht nicht Russland und China überlassen oder Usbekistans Nachbarland Afghanistan vergessen.

Alles in allem: Eine liberale Demokratie ist Usbekistan auch nach 32 Jahren Unabhängigkeit nicht, auch wenn viele der Entwicklungen sehr begrüßenswert sind. So wurde die Zwangsarbeit auf den Baumwollfeldern nahezu abgeschafft, das Land für Tourismus und Investitionen geöffnet und eine eingeschränkte Medienfreiheit zugelassen. Doch mit dem Recht auf Meinungsfreiheit und politischen Pluralismus ist es in Usbekistan noch immer schlecht bestellt. Umso wichtiger war die Delegation der internationalen „observer“ hierher: alleine durch den intensiven Austausch mit Abgeordneten, Sicherheitsbehörden und Bevölkerung ist es besser möglich, über die notwendige Intensivierung der Bemühungen hinsichtlich demokratischer Transformation zu reden und für die nächste Periode Vergleichswerte zu haben. Ich konnte neben zahlreichen Wahllokalen auch das Parlament und den Senat besuchen, den Vorsitzenden der usbekisch-österreichischen Freundschaftsgruppe treffen, mich mit der Uni Vize-Rektorin austauschen, mit meinem Kollegen Stögmüller das Center of Development besuchen und viele spannende Gespräche über die Zukunft des Landes führen. Die Offenheit der Menschen hier, das gute Essen, die schöne Kunst, die wunderbare Architektur und traditionsreiche Kultur machten diesen Austausch zusätzlich reichhaltiger. Ich freue mich, in nächster Zeit eine usbekische Delegation in Österreich zu empfangen. Die Zukunft der Welt gestalten wir nur gemeinsam.