Mit Sorge und Hoffnung kehre ich heute nach Wien zurück und bin mehr denn je davon überzeugt, dass wir den Balkan, insbesondere Bosnien Herzegowina auf unsere politische Prioritätenliste setzen sollten.

Kann es wieder eskalieren? Ist wieder ein Krieg denkbar? Ja, und wie, lautet die Antwort aller. Im Oktober wird gewählt und der Wahlkampf wirft dunkle Schatten voraus – zwecks Mobilisierung der Wählerschaft wird gezündelt, wo es geht. Obwohl es progressive Kräfte wie die Bürgermeisterin der Stadt Sarajevo, Benjamina Karić, gibt und zahlreiche engagierte Personen, die gegen Korruption, für mehr Demokratie und Transparenz oder ein friedliches Zusammenleben aller kämpfen, fällt es den etablierten Parteien schwer, die Freund-Feinde-Politik und die Freunderlwirtschaft zu verlassen. So wird munter weiter und wieder vermehrt Öl ins Feuer gegossen und obwohl der Krieg 25 Jahre her ist, sind die Wunden weiter offen. Die Spaltungsversuche, die unterschiedlichen Schulbücher, die ein anderes Verständnis der Geschichte propagieren, der Druck den Job zu verlieren, wenn man die „falsche“ Partei wählt, ist enorm. Und apropos wählen: Der Leiter der jüdischen Gemeinde z.B. könnte nicht kandidieren – um alle vor dem Recht gleich zu stellen, bräuchte es eine Verfassungsreform, aber das ist Zukunftsmusik. In aller Munde ist die Wahlrechtsreform, wo es im Moment jedoch mehr um politische und weniger zivilgesellschaftliche Interessen geht und sich alles um die Frage dreht, wem wo ein Sitz zusteht.

Danke Premierminister Kanton Sarajevo Edin Forto und Alma Tabaković (Beauftragte für Migration) für den Empfang und das informative Gespräch. Gut zu wissen, dass es hier solch erfahrene Expertinnen wie Alma gibt. Danke Samir Rizvo, dem Vizeminister für internationale Kooperation und Europäische Integration und Mirsad Buzar, Direktor im Sicherheitsministerium für den informativen Austausch. Ich nehme vieles aus den Gesprächen nach Österreich und ins Österreichische Parlament mit, denn eines ist klar: Wenn wir jetzt wegsehen, wenn wir nicht dagegen halten und der weiteren Spaltung begegnen, wird es zu spät sein. Zudem Russland nicht nur Ansprüche auf die Ukraine stellt, sondern auch hier am Balkan Nationalisten Rückendeckung gibt. Immer mit demselben Ziel, die europäischen Kräfte und deren Verbündeten zu de-moralisieren und Europa zu destabilisieren. Um darüberstiegen beraten, werde ich jetzt Gespräche mit allen Fraktionen und dem Außenministerium suchen.